Fragen und Antworten
Sehr geehrte Frau Zink
Eigentlich kann ich sehr zufrieden sein mit meinem Leben. Ich komme im Studium gut voran, nur mit der Freizeit will es einfach nicht klappen. Egal, was ich mache, ob ich einen Ausflug mache, mit Freuden ins Kino oder in den Ausgang gehe, im Nachhinein reuen mich das Geld und die Zeit. Meine Freude sagen, ich sei geizig, aber das ist es nicht. Wie kann ich mehr von meiner Freizeit haben?
M. D. aus W.
Liebe M. D.
Im Nachhinein reut Sie die Zeit und das Geld. Zeit und Geld sind wichtige Ressourcen aus unserem Leben. Sie „investieren“ diese und sind mit dem „Ertrag“ nicht zufrieden.
Wir leben in einer sogenannten Freizeitgesellschaft, das heisst, Freizeit hat eine grosse Bedeutung für unsere Lebenszufriedenheit und wird dementsprechend hoch bewertet und auch überbewertet. Zufriedenheit soll nicht aus der Freizeit kommen, sondern im Leben selbst zu finden sein.
Im organisierten Studium klappt es, aber in der „freien“ Zeit nicht. Das führt uns zur Frage, wie Sie sich Ihre freie Zeit einteilen.
Nach dem Freizeitanlass sind Sie enttäuscht und unzufrieden. Wie war das aber vor dem Anlass? Welche Einstellungen und Erwartungen haben Sie an Ihre Freizeit? Ausgesprochen oder ins Geheime stellen wir häufig Erwartungen an unsere Mitmenschen und unsere Aktivitäten, wobei wir häufig enttäuscht werden, weil wir sehr diffuse, aber nichts desto trotz sehr hohe Erwartungen an diese stellen. Eine Enttäuschung ist vorprogrammiert, denn Erfüllung zu erfahren bei unklaren Vorstellungen ist schon eher ein Zufall. Gehen Sie mal in sich und machen Sie sich bewusst, welche Erwartungen Sie an die Freizeit, Ihre Freunde und bestimmte Aktivitäten knüpfen. Manche dieser Erwartungen lassen sich erfüllen, andere sind einfach zu hoch gesteckt und von diesen heisst es sich zu verabschieden.
Eine weitere wichtige Überlegung ist, dass uns nicht die Freizeit erfüllen muss, sondern wir die Erfüllung in dem finden, was wir tun. Konkret heisst dies, dass Sie nicht erwarten dürfen, dass die Freizeit Ihnen Erfüllung bereitet, sondern dass die Art und Weise, wie Sie die Freizeit leben, zu Erfüllung führt. Können Sie sich voll und ganz in das eingeben, was Sie tun oder steht hinter den Aktivitäten ein „Aber“, also eine Bedingung, die eine Erfüllung nicht zulässt. Beispielsweise: “XY zu tun ist ja lässig, aber...“ Solange solche Distanz schaffenden Bedingungen an Aktivitäten geknüpft sind, können Sie sich nicht voll und ganz einlassen und ihre Tätigkeit geniessen. Machen Sie sich bewusst, worin diese Bedingungen bestehen. In diesen liegen der Hinderungsgrund der Erfüllung und Ihre eigentlichen Bedürfnisse. Diese Bedingungen oder geheimen Wünsche und Bedürfnisse sollen gelebt werden und nicht „Aktivitäten“.
Dies führt zur Frage: "Wie entscheiden Sie sich, was Sie mit Ihrer Freizeit machen? Lassen Sie sich von der momentanen Situation und den Freunden motivieren oder können Sie für sich selbst bestimmen, was Ihnen Spass macht?“ Im ersteren Fall braucht es von Ihrer Seite her sehr viel Spontaneität und Offenheit, um in den Aktivitäten aufzugehen. Im zweiten Fall müssen Sie sich mit sich selbst auseinandersetzten und sich fragen, welches Ihre Hobbys sind und welche Art von Freunden Ihnen zusagen. Die ehrliche Antwort auf diese Fragen führt zu mehr Nähe zu sich selbst und auch zu mehr innerer Erfüllung somit auch zu Erfüllung in Ihren Freizeitaktivitäten.
Alles Gute
Cornelia Zink, Psychologin FSP
Psychologische Praxisgemeinschaft ANIMA SANA,
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