Fragen und Antworten
Sehr geehrte Frau Zink
Neulich habe ich den Begriff „Bore-Out“ gehört. Was genau ist das?
O.L. aus R.
Sehr geehrter Herr L.
„Bore-Out“ beschreibt das Gegenteil von „Burn-Out“. Der Begriff
stammt aus dem englischen Sprachraum und bedeutet „sich langweilen“.
Es bezieht sich auf eine ungünstige, krankmachende Situation im
Arbeitsbereich. Zeichnet sich das „Burn-Out“ durch eine
Überforderung am Arbeitsplatz aus, so besteht beim „Bore-Out“ eine
massive Unterforderung und ein Desinteresse an der Arbeit, daraus
resultierend Langeweile. Statt der Langeweile durch eine
Situationsveränderung aktiv entgegenzuwirken, verwendeten die
betroffenen Arbeitnehmer ihre Energie und Kreativität oft darauf,
den unbefriedigenden Zustand zu vertuschen und beschäftigen sich aus
Furcht vor einer Kündigung hauptsächlich damit, Arbeit vorzutäuschen.
Es gibt Studien, die besagen, dass ca. 15% der Angestellten im
Dienstleistungsbetrieb unterfordert sind. Tests, wie sie zahlreich
im Internet zu finden sind, geben hierbei Aufschluss über die
individuelle Unterforderung.
Es gibt zwei Formen der Unterforderung. Zum einen kennt man die
quantitative Unterforderung, die v. a. bei dauerhaft geringer
Arbeitsmenge entsteht oder bei Aufgaben mit langen, ereignisarmen
Wartephasen (z.B. bei Überwachungsaufgaben, wo es hoch
qualifiziertes Personal braucht, es jedoch kaum etwas zu tun gibt).
Zum anderen gibt es die qualitative Unterforderung, die dann
entsteht, wenn die Aufgaben die Kompetenzen der Angestellten zu
wenig herausfordern. Dadurch verlieren die Mitarbeitenden auf lange
Sicht ihre Motivation und letztendlich auch gewisse beruflichen
Fertigkeiten, denn Fähigkeiten und innere Lebendigkeit können
verkümmern, wenn sie nicht gebraucht werden.
Selbstverständlich kennen wir alle Zeiten, in denen wir wenig zu tun
haben, uns langweilen oder uns unterfordert fühlen. Wenn sie länger
anhalten, kann dies auf die Stimmung und das Selbstvertrauen drücken
und in ein Bore-Out münden.
Es empfiehlt sich daher von Seiten der Vorgesetzten den
Mitarbeitenden abwechslungsreiche Arbeit zu geben und die
Arbeitsinhalte durch unterschiedliche Anspruchsniveaus
abwechslungsreich zu gestalten. Natürlich sollte man als
Vorgesetzter auf mögliche Anzeichen eines Bore-Outs bei den
Mitarbeitern achten und sich nicht nur von Geschäftigkeit täuschen
lassen. Leistung, individuelle und innerbetriebliche Stimmung sowie
Arbeitszufriedenheit sind wichtige Zeichen für eine gute Auslastung
der Angestellten.
Auf der Angestelltenseite hingegen ist es ebenso wichtig, nicht eine
Auslastung vorzutäuschen, wenn keine besteht. Wenn man sich auf
seiner Stelle nicht ausgelastet fühlt, soll man sich ehrlich fragen,
wie die Zufriedenheit verbessert werden kann. Wo erkennt man einen
Sinn in seiner Arbeit, welche Bereiche machen einem Freude und
welche nicht verwendeten Stärken und Fähigkeiten sind vorhanden.
Natürlich braucht es ein ehrliches Gespräch mit dem Vorgesetzten
über die derzeitige Situation und eine Bitte um eine
abwechslungsreichere und anspruchsvollere Tätigkeit. Vielleicht
hilft eine Weiterbildung, die einem ein erweitertes Berufsfeld und
neuen Aufgabenbereichen verschafft.
So viel in Kürze zum Thema „Bore-Out“. Vielen Dank für die Anfrage und alles Gute.
Cornelia Zink, Psychologin FSP
Psychologische Praxisgemeinschaft ANIMA SANA,
Gerbestrasse 2, 8820 Wädenswil
044/ 780 05 25 oder
www.anima-sana.ch