Fragen und Antworten
Sehr geehrte Frau Zink
Am letzten Wochenende ist mein Sohn (17 Jahre) betrunken nach hause gekommen. Ich habe nun Angst, dass er dem Rauschtrinken von Jugendlichen, wie es häufig in der Zeitung steht, verfällt. Was genau ist dieses Rauschtrinken, und was kann ich dagegen tun, damit mein Sohn nicht in ein Rauschtrinken verfällt.
F. T. aus H.
Sehr geehrte Frau T.
Die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere
Drogenprobleme (SFA) definiert „Rauschtrinken“ folgendermassen: Von
Rauschtrinken spricht man, wenn Männer 5 oder mehr Gläser Alkohol zu
einer Gelegenheit trinken und bei Frauen sind es 4 oder mehr Gläser
– und das mindestens zweimal im Monat. Für Frauen ist die Grenze
tiefer angesetzt, weil sie auf Alkohol empfindlicher reagieren und
mit ihrer geringeren Körperflüssigkeit auch eine höhere
Blutalkoholkonzentration erreichen. Alkohol bewirkt schon in
geringen Mengen eine Vergiftung des zentralen Nervensystems. Das
Rauschtrinken ist nicht wie bisher angenommen ein Jugendproblem,
sondern betrifft die Altersgruppe zwischen 15 und 44 Jahren etwa
gleich stark.
Rauschtrinken führt zu körperlichen und psychischen
Beeinträchtigungen. Anzeichen sind verminderte Reaktions-, Urteils-
und Kontrollfähigkeit sowie Konzentrations- und
Koordinationsschwierigkeiten. Rauschtrinken führt erwiesenermassen
zu Unfällen, Verletzungen, Alkoholvergiftungen und anderen
Gesundheitsschäden sowie zu einer Reihe von sozialen Problemen, wie
beispielsweise Gewalttätigkeit. Da Rauschtrinken meist auswärts und
in der Gruppe stattfindet, zum Beispiel im Ausgang und an Partys am
Wochenende, ist das Risiko alkoholbedingter Verkehrsunfällen sehr
gross. Auch Verletzungen, Stürze und Gewalt sind eine häufige Folge
des Rauschtrinkens. Bei Jugendlichen birgt das Rauschtrinken
besonders hohe Risiken: es kann zu Unfällen, Alkoholvergiftungen,
ungeschütztem Geschlechtsverkehr und Schulproblemen respektive
Schwierigkeiten in der Lehre führen.
Zu Ihrem Sohn zurück: Ein einmaliger alkoholisierter Zustand ist
sicherlich nicht gefährlich. Gefährlicher ist es, wenn es sich häuft,
also regelmässig wird. Und auch wenn sich Ihr Sohn in einer Gruppe
von Jugendlichen aufhält, bei denen das Freizeitvergnügen v.a. im
Alkoholtrinken liegt. Es zeigt, dass die Freizeit nicht aktiv
und vielfältig gefüllt werden kann und dass er sich einen
ungünstigen Freundeskreis aufbaut.
Suchen Sie doch am besten das Gespräch mit Ihrem Sohn. Besprechen
Sie möglichst neutral das Thema „Alkohol“, thematisieren Sie aber
auch die Gefahr des übermassigen und unkontrollierten
Alkoholgenusses. Es geht nicht um die Verteufelung des Alkohols,
sondern um einen bewussten Umgang damit. Fragen Sie ihn auch, wie es
dazu gekommen ist, dass er zu viel getrunken hat und wie es ihm
danach gegangen ist. Die Motivation zum Trinken und das
Erleben von dem Rausch sind entscheidend, ob eine Gefährdung
vorliegt. Wenn die Motivation zum Trinken z.B. in Füllen der
Freizeit (sprich zu wenig Ideen für ein aktives Ausfüllen der
Freizeit), in Imponiergehabe (d.h. Überwinden von
Minderwertigkeitsgefühlen), Zugehörigkeitsgefühl (= soziale
Unsicherheit, denn im Rausch kann man keine Sozialkontakte pflegen)
besteht eine grosse Gefährdung. Wenn Ihr Sohn den Rausch als negativ
bewertet, wird dies ein einmaligen „Ausrutscher“ sein, wenn er stolz
oder er es als „lässig“ erlebt hat, kann ebenfalls eine Gefährdung
vorliegen. Suchen Sie in diesen Fällen eine Jugendberatungsstelle
oder Alkoholfachstelle auf.
Viel Erfolg und alles Gute
Cornelia Zink, Psychologin FSP
Psychologische Praxisgemeinschaft ANIMA SANA,
Gerbestrasse 2, 8820 Wädenswil
044/ 780 05 25 oder
www.anima-sana.ch